Mein Leben mit Sherbo!
Der 27. Juli 1991 sollte ein besonderer Tag in meinem Leben werden. Zur damaligen Zeit war ich Wirtin und führte ein Restaurant in St. Gallen. Schon Tage lang beherrschte eine andauernde Hitzewelle die ganze Region und man wünschte sich doch tatsächlich mal ein wenig Regen. Es war kurz nach zehn Uhr. Die Arbeiter, welche ihre Kaffeepause in meiner Gaststube zubrachten, waren gegangen, meine Vorbereitungen für das Mittagsmenue waren beendet. Also etwas Zeit für einen Kaffee. Ich hatte mich eben gemütlich an einen Tisch gesetzt, als eine Frau den Gastraum betrat. Ich kannte sie, war sie doch in letzter Zeit fast jeden Tag, kurz bei mir zu Gast. Ihr Name war Marina. Sie setzte sich zu mir an den Tisch und als ich ihr den gewünschten Kaffee brachte, begann sie zu weinen. Nach meiner Frage, was sie so sehr bedrückt, kam ein tiefer Seufzer und dann kamen die Worte wie eine Sturzflut. Sie war vor einigen Wochen mit ihren drei Kindern und ihrem Pudel nach St. Gallen gezogen. Lebte nun hier getrennt von ihrem Partner, mit dem sie davor eine Hühnerfarm im Rheintal aufgebaut hatte. Auf dieser Farm hatten sie auch einige mittlere Schnauzer, sozusagen als Schutzhunde. Einer davon hat sich wohl mit ihrem Pudel gepaart, wie sie erst vor drei Wochen, nach der Geburt von sechs Welpen feststellte. Da hatte sie das Geschenk. Drei kleine Kinder im Alter von drei bis 5 Jahren und sieben Hunde in einer Wohnung, zwar mit Balkon, aber eben … .
Am Anfang ging es noch gut, da sich die Welpen noch nicht so bemerkbar machten. Doch mit der Zeit wurden die Nachbarn gewahr, was für einen Zuwachs sie ins Haus bekommen hatten. Der Hauswart wurde unterrichtet und machte ihr den Tag davor einen unangemeldeten Besuch. Er machte ihr klar, die Welpen müssen weg. Sie habe zwar die Erlaubnis für einen Hund, aber nicht für mehrere. Auch auf ihren Einwand, die Welpen seien doch erst drei Wochen alt und könnten nicht so jung von ihrer Mutter getrennt werden, hatte er kein Verständnis.
Ich unterbrach sie kurz um zu fragen, wo nun die Hunde sind: „In meinem Auto. Ich habe sie in eine grössere Schachtel gesetzt und versuche nun einen Platz für sie zu finden“, gab sie mir zur Antwort. Entsetzt schaute ich sie an. „Es ist doch viel zu heiss im Auto, ohne Wasser werden sie nicht lange überleben. Im Moment sind ja keine Gäste da, bring sie auf die Terrasse, dort können sie sich frei bewegen und ich bringe Wasser.“ Gesagt, getan! Martina holte die Hunde auf die Terrasse und ich brachte das Wasser in einer flachen Schale. Nachdem die Welpen kurz daraus getrunken hatten, erkundeten sie die neue Umgebung. Sie waren alle verschieden. Zwei schwarze mit weissem Brustfleck, Einer braunfarbig, zwei waren Trikolor, und einer fiel total aus dem Rahmen. Waren seine Geschwister richtige Wollknäuel, war er kurzhaarig, lange Läufe, schmaler Kopf, er sah aus wie ein Zwergpinscher. Jedenfalls schien ihnen Spass zu machen, nicht mehr eingezwängt in der Schachtel, sondern sich auf der Terrasse frei bewegen zu können. Ein Welpe, es war ein schwarzer mit dem weissen Brustfleck, viel mir besonders auf. Er setzte sich im Schatten nahe der Tür ins Restaurant und beobachtete interessiert das Treiben seiner Geschwister. Ich fühlte mich sofort zu ihm hingezogen. Er sass dort, als wüsste er von Anbeginn: Hier bin ich zuhause!
Meine Gefühle waren im Widerstreit. Eigentlich wollte ich keinen Hund mehr, doch er war so süss. „Er ist viel zu jung“, dachte ich. Sofort kam wieder die Gegenantwort in meinem Kopf: „Wenn er es schafft am Leben zu bleiben, ist er so am lernfähigsten.“ Martina erzählte weiter ihre Geschichte, doch meine Aufmerksamkeit war bei dem jungen Welpen. Während seine Geschwister zu uns kamen um gestreichelt zu werden, sass er einfach dort an der Tür und wartete. Ja auf was wartete er eigentlich? Ich ging zu ihm, streichelte ihn, hob ihn hoch und drückte ihn leicht an mich. Er kuschelte sich in meine Arme, drückte seine feuchte Schnauze an meine Wange und wusste wohl in diesem Augenblick, er hatte gewonnen.
Ich drehte mich zu Martina um und sagte: „Wenn dieser kleine Kerl ein Männchen ist, dann nehme ich ihn.“
„Ich schau mal nach, einer davon ist weiblich.“ Sie nahm mir den Welpen aus den Armen, untersuchte ihn kurz und mit den Worten: „Er ist dein“, gab sie ihn mir wieder. Erst da wurde es mir bewusst, jetzt hatte ich eine neue Aufgabe. Nachdem ich nun meinen Hund an seinen von ihm gewählten Platz gesetzt hatte, musste ich mich zuerst wieder sammeln. Doch es gab kein „Wenn und Aber“, ich hatte mich entschieden. Kurze Zeit später verliess mich Martina, mit dem Rest ihrer verbliebenen Welpen. Ich wusste von ihr, dass die Kleinen teilweise entwöhnt waren und begonnen hatten feste Nahrung anzunehmen. Sie gab mir noch fürs Erste einen kleinen Beutel Futter, welches ich mit Wasser anrühren sollte.
Nun waren wir allein, mein Hund und ich!
Zwischen Terrasse und Restaurant war eine Stufe. Mein Hund war so klein, er konnte mir über die Stufe nicht folgen, da gab er das erste Mal Laut. Ich hob ihn auf, trug ihn über die Schwelle und setzte ihn auf die Sitzbank im hinteren Teil vom Restaurant, platzierte noch einige Kissen um ihn. „ Jetzt musst Du eine Weile hier schön brav sein, ich muss noch einige Arbeiten in der Küche machen, da kannst du nicht dabei sein.“ Und -als ob er verstanden hätte, kuschelte er sich zufrieden in sein neues Nest.
In der Zwischenzeit war meine Serviertochter eingetroffen. Sie versprach aufzupassen, dass der kleine Bursche keine Dummheiten machte. Ich hatte keine Zeit mehr, ihr alles zu erklären, dass verschoben wir auf später. Mein Weg war nun schnurstracks in die Küche, denn das Essen musste pünktlich fertig sein.
Hallo Renate,
der Artikel gefällt mir. er landet gleich morgen früh auf meinem Blog. Von da aus wird der Artikel auf Facebook, Twitter, Linkedin, Google+ und Tumblr automatisch eingefügt.
LG
Heinz
Danke Heinz! Der Anfang meines Neustarts ist gemacht.:) Nun muss es nur noch weiter gehen. Liebe Grüsse, Renate
toll geschrieben, alles Gute für dich
[…] Quelle: Mein Name ist Sherbo | Renate Klerx.liebeistleben […]
Klasse geschrieben. Dir noch einen schönen Tag. L.G.
Danke!