Von Anfang an lernte Sherbo seine Benimm-regeln. Es war für ihn tabu mir in die Küche zu folgen. Ich weiß nicht mehr genau wie oft ich ihn an der Schwelle der Küche aufgehoben und zurück vor die Theke gesetzt habe, bis er es begriffen hatte, dass er hier warten musste. Als er von sich aus, sich das erste Mal an genau diesen Platz setzte, bekam er ein Leckerli und seine Streicheleinheiten mit einem großen Lob. Von da an versuchte er nie mehr, mir in die Küche zu folgen. Es gab viele Regeln die ich als Wirtin beachten musste und darum war ich sehr darauf bedacht, Sherbo zu lehren was er durfte und was nicht. Sherbo lernte schnell, er war ein kluger Hund. Eigentlich war Sherbo vom ersten Tag an stubenrein. Doch wie heißt es so schön: „Keine Regel ohne Ausnahme.“ Ich war dabei, die Lichter im Restaurant zu löschen. Ein langer Arbeitstag war zu Ende. Die Terrassentür, durch welche ich jeden Abend das Restaurant verließ hatte ich geöffnet. Sherbo wusste, er musste beim Cheminée (Kamin) warten. Ich hatte gerade das letzte Licht gelöscht, da hörte ich ein verdächtiges Plätschern. Schnell schaltete ich das Licht wieder an und was sah ich? Sherbo in hockender Stellung und nass unter seinen Pfoten. Er war noch nicht aufgerichtet, da war ich schon bei ihm. Packte ihn am Genick und drückte seine Nase in die Nässe, hob ihn kurz an und beförderte ihn nicht gerade sanft durch die offene Tür auf die Terrasse. Er landete auf seinen vier Pfoten. Natürlich war ich böse und schimpfte mit ihm. So hatte er mich noch nie erlebt. Ich holte eine Rolle Haushaltspapier und wischte den Boden auf. Sherbo stand noch immer dort wo er gelandet war und schaute mir zu, wie ich seine Untat tilgte. Nachdem alle Spuren beseitigt waren löschte ich endgültig die Lichter hob Sherbo von der Terrasse auf und sperrte die Türe ab. Die Straßenlaterne beleuchtete die Stufen der Terrasse und die wenigen Schritte zu meinem Auto. Sherbo kuschelte sich in meinen Arm. Er merkte schon wie ich ihn zu mir hoch nahm, dass ich ihm nun wieder gut war. Bevor ich ihn auf seinen Platz am Rücksitz setzte, drückte ich ihn noch kurz an mich und streichelte über sein Köpfchen. „Du bist ja noch so klein.“ Meine Stimme war nun wieder sanft als ich zu ihm sagte: „Wir sind Freunde, aber das machst du nicht noch einmal.“ Es war ihm eine Lehre, er tat es nie wieder.
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Auch kleine Hunde müssen lernen
Posted in Allgemein, Buch, Literatur, Sherbo, Uncategorized, tagged Lehrzeit, Pfoten, Sherbo on 1. Juli 2016| 4 Comments »
Abschied von Sherbo!
Posted in Allgemein, Literatur, Sherbo, Uncategorized, tagged Abschied, Seele, Sherbo on 3. Februar 2016| 4 Comments »
Ich erzähle nun den letzten Tag mit Sherbo. Mehr als fast 15 Jahre war Sherbo an meiner Seite. Viele Abenteuer durften wir zusammen erleben. Ich habe die ersten Monate unserer Gemeinsamkeit erzählt. Vielleicht bringe ich die eine oder andere Geschichte hier auf meiner Homepage. Doch da ich die Erlebnisse mit ihm in einem Buch herausbringen werde, kann ich nicht “Alles“ freigeben. Ich denke, wenn ich über unsere Zeit in Rumänien schreibe, werde ich wieder eine Episode hier einstellen.
Es war an einem Freitagmittag. Wie immer machten wir uns auf den Weg. Sherbo, so war sein Name und der Name passte ausgezeichnet zu ihm, denn der Name war so außergewöhnlich wie er, suchte seinen Weg. Es war eine stille Vereinbarung zwischen ihm und mir, dass er mir zeigte, welchen Weg wir nahmen.
An diesem Tag wollte er geradewegs zum See. „Es wird kein langer Spaziergang werden“, dachte ich bei mir und ließ ihm seinen Willen. Am See nahm ich ihm die Leine ab. Sicher wusste er das und hatte deshalb diesen Weg gewählt. Er schnupperte an jedem Baum und jedem Strauch. Intensiv, wie es schien, hinterließ er seine Markierungen.
Später, als ich an diesen Tag zurückdachte, erkannte ich, dass Sherbo sich verabschiedet hatte. Auf dem Nachhauseweg passierte es. Sherbo taumelte, jaulte laut auf. Es klang wie ein Hilferuf, dann sackte er zusammen. Antony fing ihn in seinen Armen auf. „Mami, der Sherbo stirbt“, rief er entsetzt. Er hob ihn hoch: „Wir müssen zum Arzt, schnell, er atmet fast nicht mehr.“
So schnell wir konnten rannten wir zum Haus, legten Sherbo auf den Rücksitz in mein Auto. Antony setzte sich zu ihm, hielt seinen Kopf, streichelte ihn und redete auf ihn ein, während ihm die Tränen über die Wangen liefen. Es war ein Bild, so voller Liebe und Trauer, gemischt mit großer Verzweiflung und Hilflosigkeit.
Ich betete im Stillen, das der Arzt zu Hause war – und vor allem, dass er Sherbo helfen konnte.
Wir hatten Glück. Der Arzt war da, doch sein Gesichtsausdruck, als er Sherbo sah, gab mir keine Hoffnung. Antony legte Sherbo auf den Untersuchungstisch. Gebannt sahen wir zu, wie der Arzt Sherbo untersuchte und schon nach kurzer Zeit aufblickte. „Das war ein starker Herzinfarkt. Auch wenn ich ihm für den Moment helfen würde, er würde nicht mehr sein wie vorher. Er hat ein schönes Leben gehabt und ist sehr alt geworden. Vierzehneinhalb Jahre sind viel für einen Hund. Lasst ihn sterben, es ist das Beste für ihn und für euch. So muss er nicht leiden. Ich lasse euch jetzt eine viertel Stunde allein mit ihm, so könnt ihr Abschied nehmen. Vorher gebe ich ihm noch eine Spritze, damit er keine Schmerzen hat und auch keine Angst.“
Der Arzt gab Sherbo die Spritze und stellte uns zwei Stühle hin, damit wir uns setzen konnten. Danach senkte er etwas den Tisch und ging aus dem Raum.
Da lag er nun, unser Sherbo. Seine Augen, diese lieben, treuen, schönen, großen Augen wanderten suchend im Raum umher. Meine Hände fanden automatisch die Stelle hinter seinen Ohren. Er liebte es, wenn ich ihn dort kraulte. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass auch Antony ihn streichelte. Ich bedankte mich bei Sherbo für die schöne Zeit, die wir zusammen verbracht hatten.
Ganz ruhig lag er da und lauschte meiner Stimme. „Mami, muss es wirklich sein, muss Sherbo nun sterben, können wir wirklich nichts mehr für ihn tun?“ Antony schluckte und wischte sich die Tränen von seinen Wangen. „Ich würde alles für Sherbo tun, wenn es ihm wirklich helfen könnte. Doch glaube mir, der Arzt hat Recht. Ich denke, wir sollten Sherbo wirklich seine Ruhe gönnen, er hat sie verdient.“
Ich konnte nicht weitersprechen, wir weinten beide. Mit der einen Hand streichelten wir Sherbo, während unsere andere Hand den Weg zueinanderfand. So verbrachten Antony und ich die letzten Minuten mit unserem Hund, der uns in den langen Jahren ein Freund gewesen war.
Der Arzt kam nach einiger Zeit wieder und erklärte uns sein weiteres Vorgehen. Er rasierte Sherbo am vorderen Lauf die Haare weg und setzte ei-ne Kanüle. Als er die Spritze aufzog, sagte er: „Nun geht es sehr schnell. Er wird keine Schmerzen haben. Sein Herz hört einfach auf zu schlagen.“
Noch einmal streichelte ich Sherbo über seinen Kopf. Die Tränen, die mir aus den Augen flossen, verschleierten meinen Blick.
„Jetzt ist es vorbei, er hat es überstanden“, hörte ich den Arzt sagen. In diesen Moment drehte Sherbo noch einmal seinen Kopf, sah mich an und die Spitze seiner Zunge fuhr ganz leicht über meinen Handrücken, so als wollte er sagen, bis bald. Diese letzte Liebkosung werde ich mein Leben lang spüren. Es war seine Art, mir Lebewohl zu sagen, oder aber auch mir zu zeigen, ich werde immer bei dir sein.
So ist es auch. Sherbo wurde nach Seon überführt. Nach der Kremierung kam er wieder zu mir. Er ist in seiner und meiner Umgebung und irgendwann, wenn die Zeit gekommen ist, werden wir den letzten Weg gemeinsam gehen. Bis dahin wird er auch weiterhin auf mich aufpassen.
Für mich steht fest. Wenn wir Menschen eine Seele besitzen, hat Gott auch den Tieren eine Seele gegeben, und das ist gut so.
Mein Leben mit Sherbo
Posted in Allgemein, Sherbo, Uncategorized, tagged Abenteuer, Sherbo, Welpenalter on 27. Januar 2016| 6 Comments »
Fortsetzung:
Wie ich schon befürchtet hatte, war es nun, da Sherbo entdeckt hatte, dass er die Möglichkeit hatte, seinem begrenzten Raum zu entkommen indem er auf den Boden sprang, schwieriger geworden ihn im Auge zu behalten. Sein Entdeckungsdrang war unbegrenzt. Er versteckte sich unter den Tischen und fand so, sein nächstes Spiel. Es waren die Schuhbändel der männlichen Gäste. Er zog an einem Ende bis der Knoten gelöst war und sprang mit dem Bändel im Maul dem Gast auf und über den drangsalierten Schuh. Ich war entsetzt, doch die Gäste, die es traf hatten ihren Spass. Für mich war klar, das musste ich ihm schnellstens abgewöhnen. Ich hatte in der Zwischenzeit ein zweites Körbchen für Sherbo gekauft. Dieses platzierte ich auf den Rücksitz meines Autos, welches ich unter dem Kastanienbaum direkt neben dem Treppenaufgang zur Terrasse parkiert hatte. Immer wenn ausser den festen Stammgästen andere Personen kamen, musste Sherbo für einige Zeit dort verbringen. Er hatte seine Hölzchen zum Kauen, sein Kuschelkissen, Quitschbällchen, Gummiknochen und ein Stoffhündchen zum Zeitvertreib. Die Fenster hatte ich halb geöffnet, damit hatte er auch immer frische Luft. Geschützt durch den grossen Kastanienbaum, stand das Auto im Schatten und war darum der ideale Platz. Hier war er sicher aufgehoben.
Es war Mitte August, ein Glückstag für Sherbo und auch für mich. Antony, mein jüngster Sohn, hatte seine Lehre als Koch beendet und wollte in der Zeit bis zum Termin der Rekrutierung ins Militär, bei mir im Restaurant mitarbeiten. Schon vom ersten Augenblick an, als er Sherbo sah, hatte er sein Herz an ihn verloren und das war gegenseitig. Wir hatten uns geeinigt, dass Antony am Abend die Küche übernehmen sollte, da gab es mehr A la Carte und Snacks zum Zubereiten, besonders für die Gäste in der Bar, die die selbst kreierten Saucen von Antony als Beigabe zu Kroketten, Pommes, auch Schnitzel, panierte Poulet Streifen und anderes mehr, liebten. Seine Fantasie, immer wieder Neues zu kreieren, war gross. Der Umsatz der Küche, allein für die Bar, war enorm.
Antony lebte in dieser Zeit bei mir. So fuhren wir gemeinsam, nach der Sperrstunde in unsere Wohnung und meistens kamen Antony und Sherbo am Nachmittag wieder mit dem Bus zurück ins Restaurant. Für mich war es eine grosse Erleichterung, wusste ich Sherbo doch in den besten Händen, die es für einen kleinen Rabauken wie ihn, geben konnte.
Meine täglichen Spaziergänge machte ich aber auch weiterhin mit Sherbo. Nun, da Anthony in meiner Abwesenheit im Restaurant war, konnte ich mehr Zeit dafür verwenden. Grund genug, wieder einmal an den See zu fahren. Damals war der Bootshafen vom Altenrhein noch nicht so ausgebaut wie heute. Das Seegelände war noch frei zugänglich. Der Weg dorthin noch nicht versperrt, führte hinter den Anlegestegen, zwischen alten Bäumen, dann durch einen schmalen Schilfgürtel, direkt an den See. An manchen Stellen gab es kleine Sandbänke, wie Oasen, nur umringt vom Schilf und Wasser. Es war ein Lieblingsplatz von mir. Ich liebte diese Stille, das Gefühl von Weite und grenzenloser Freiheit. Mit dabei hatte ich eine kleine Luftmatratze und ein Handtuch. All das war neu für Sherbo. Schon den ganzen Weg entlang schnupperte er an den verschiedenen Gräsern und Blumen am Wegesrand. Setzte seine Markierungen, noch nicht an den Bäumen, sondern darunter auf die Erde. Verbellte Ameisen und anderes Kleingetier, das er am Boden bemerkte. Am Platz angekommen löste ich die Leine. Sofort lief er ans Wasser, sprang wieder zurück, als eine kleine Welle über seine Läufe schwabbte. Es war herrlich ihm dabei zuzuschauen, war es doch sein erster Kampf mit einem Element, welches er nur aus seinem Wassernapf kannte. Ich entledigte mich meiner wenigen Kleidungstücke, den Badeanzug hatte ich schon vorsorglich darunter angezogen, und setzte mich zu Sherbo ans Wasser. Der Sand war feucht und warm, übersäht von kleinen Holzstückchen, die angeschwemmt hier herumlagen. Ich nahm eines auf und warf es knapp vor Sherbos Nase ins Wasser. Sofort stürzte er sich darauf, schnappte es und zog es ans trockene Land. Ich wiederholte dieses Spiel und es schien ihm zu gefallen. So verlor er seine anfängliche Scheu, ja ich konnte beobachten, er paddelte mit seinen Läufen und auch das schien ihm zu gefallen.
Doch eigentlich wollte ich auch schwimmen. Ich ging also einige Meter in den See hinein. Sherbo vergass seine Stöckchen, setzte sich ans Ufer und beobachtete mich. Als ich keine Anstalten machte umzukehren, fing er an zu bellen, lief am Ufer hin und her, und ich traute meinen Augen nicht, er folgte mir. Erst zaghaft und dann, er schwamm direkt auf mich zu. Ich nahm ihn aus dem Wasser. Sein ganzes Fell war nass und klebte an seinem kleinen Körper. Er sah wirklich erbärmlich aus. So dünn, so klein, lag er nun in meinen Armen. Ich lobte ihn, strich über sein Köpfchen und ging zurück an Land. „Also so wird es Nichts mit Schwimmen“, dachte ich bei mir. Ich schrubbelte ihn mit dem Handtuch trocken, dann nahm ich die Luftmatratze, setzte Sherbo auf dem Wasser auf diese, und schob ihn so vor mich her. „Warum denn nicht gleich so“, schien mir sein Blick zu sagen, um gleich darauf mit einem kurzen Bellen es zu bestätigen. Ich konnte schwimmen und Sherbo genoss seine erste “Bootsfahrt“. Zwischendurch nahm ich ihn zu mir ins Wasser, um eine Überhitzung vorzubeugen. Der See war hier noch nicht so tief, knapp einen Meter, denn ich konnte bequem stehen und Kopf und Arme waren frei. Wenn ich ihn wieder auf die Luftmatratze setzte, trocknete ich sein Fell mit dem mitgenommenen Handtuch und drapierte es luftig über ihn. Wieder an Land, stellte ich die Luftmatratze in einer V Form auf, breitete das Handtuch über die Öffnung und wir legten uns darunter in den warmen Sand zum Trocknen. Sherbo hat dieses kleine Abenteuer doch etwas erschöpft, denn er schlief kurz darauf, fest an mich gekuschelt, ein. Ich denke, es hat ihm gefallen.
So oft es ging in diesem Sommer, machten wir den Ausflug zum See. Die Sonne tat uns Beiden gut und Sherbo entwickelte sich als guter Schwimmer. Nur einmal hatten wir ein schreckliches Erlebnis. Ich lag im Sand und Sherbo spielte am Wasser. Da brach durch das Schilf eine grosse Dogge, frei ohne Leine. Ihr folgte ein Mann. Die Dogge rannte ans Wasser, mein kleiner Sherbo stellte sich quer und bellte. Da schnappte die Dogge ihn und warf ihn ins Wasser. Gottseidank konnte der Mann sie an die Leine nehmen, bevor sie Sherbo nochmals fassen konnte. Er entschuldigte sich und ich fischte Sherbo, der total zerfasert aber unverletzt war, aus dem seichten Wasser drückte ihn an mich und redete beruhigend auf ihn ein. Es war alles gut ausgegangen. Doch die Dogge hätte ihn auch ertränken können. Sie hat ihn nicht gebissen, sie hat ihn einfach unters Wasser gedrückt. Dieses Erlebnis hat er wohl nie ganz vergessen, denn die Angst vor grossen Hunden hat ihn noch lange Zeit begleitet.
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